Nachlese - Exkursion Bregenzer Wald

Mit den Gemeinden Samerberg und Bad Feilnbach über den Tellerrand schauen.

Wenn i mit 7 Bushäusl ins Landratsamt nach Rosenheim fahre, dann woas i ned, ob des guat ausgeht.
(Bgmst. Anton Wallner im Bus-Interview auf der Rückfahrt)

Mit 28 TeilnehmerInnen ging es am 02. Und 03.10. 2021 in den Bregenzer Wald um sich ein Bild davon zu machen, wie aus Gemeinden, die ein gemeinsames Ziel verfolgen, eine Baukulturregion wird. Josef Mathis und Tobias Hanig von der Arge Baukultur konkret stellten ein umfangreiches Programm für die Mitglieder der Gemeinderäte von Bad Feilnbach und Samerberg, sowie für Verwaltungen, BürgerInnen, PlanerInnen und Netzwerkpartner wie die TH Rosenheim und der Ökomodellregion Hochries Kampenwand zusammen.
Start war im Werkraum, dem Schaufenster des regionalen Handwerks und lokaler Produkte. Neben einer Führung durch das Archiv des Handwerk und Form Wettbewerbs (https://www.handwerkundform.com/) und einen Vortrag über die Entstehungsgeschichte des Werkraums gab es die erste Käseverkostung des Tages mit Senner Melchior Simma, der seinen digitalen Vertriebsweg (https://gutgereift.at) mit einer spannenden sozialen Komponente versieht.

Getreu unserem Motto „Baukultur ist auch Bauchkultur“ ging es weiter in den Alp- und Bergkäsekeller der Bregenzerwälder Käsekeller GmbH (https://www.kaesestrasse.at) . In den dortigen Reifekellern lagern bis zu 32.000 Laibe Käse der 180 Mitgliedsbetriebe.
Der Nachmittag stand ganz im Zeichen des Handwerks und der Kreativwirtschaft. Hermann Nenning (https://www.zimmerei-nenning.com) führte die TeilnehmerInnen durch seinen Ort Hittisau und erzählte von der Entstehungsgeschichte seines Privathauses im Ortskern. Der von Cukrowicz Nachbaur Architekten 2001 realisierte 3-geschossige Holzbau übernimmt Themen und Elemente seiner Umgebung und interpretiert diese in neuen spannenden Zusammenhängen. Anschließend ging es in die von Architekt Hermann Kaufmann entwickelte Produktionsstätte in der es neben der Leidenschaft zum Werkstoff Holz auch um die Philosophie des Handwerks im Bregenzer Wald ging.  

Mehr als nur Licht
Mit Georg Bechter der für seine Ausbildung nach Stuttgart ging, hat die Region einen engagierten jungen Architekten und Lichtdesigner zurückgewonnen. In dem neuen Firmensitz, ein umgebautes Stallgebäude aus den 60ér Jahren beschäftigt Bechter rund 20 Mitarbeiter und fertigt bis zu 30.000 Lampen pro Jahr (https://georgbechterlicht.at). Vom Planungsbüro, über die Produktionsstätten, sonnige Gemeinschaftsflächen, Tischtennis Platte bis zur guten Hausfee, die täglich frisch kocht, war alles dabei.  Regionale Wertschöpfung muss man leben und junge Köpfe brauchen auch auf kommunaler Ebene volle Unterstützung, um ihre Ideen umzusetzen, so der Tenor der Besucher, denen bei diesem Termin nicht nur ein Licht aufging.

Tag Zwei widmete man der Ortsentwicklung.
Stefan Niederer (ISK Institut für Standort-, Regional- und Kommunalentwicklung https://isk-institut.com) hielt einen Vortrag über die Vorteile einer Projekt- und Strukturentwicklungs- Genossenschaft als Instrument zur aktiven Bodenpolitik. Die Gemeinde und lokale Banken bilden eine Projekt- und Strukturgenossenschaft um Flächen für gewerbliche und touristische Entwicklung sowie für Wohnbauzwecke und für strategisch relevante Zukunftsprozesse zu sichern, und dies auch mit geringen Eigenkapital der Gemeinde.

Wie man gute Bodenpolitik, Landwirtschaft, Kultur und Bildung unter einen Hut und in ein Dorf bringt, davon konnte man sich anschließend in der Gemeinde Hittisau ein Bild machen. Bürgermeister Gerhard Beer zeigte und erklärte in einem Ortsspaziergang die genossenschaftliche Organisation Naturparkmetzgerei (https://naturparkmetzgerei.at), gelungene soziale Bauprojekte, Einfamilienhausgebiete in Holzbauweise und ohne Zaunlandschaften und das Schulbauprojekt, welches gerade ebenfalls In Holzbau errichtet wird. Ein besonderes Augenmerk legt man auf das Schulessen. Hier wird vor Ort regional gekocht und dies nicht nur für die Schülerinnen, auch die Eltern sind zum Mittagstisch gerne gesehen. Im einzigen Frauenmuseum in Österreich besuchte man die Ausstellung „Geburtskultur. vom gebären und geboren werden.“ Im Untergeschoss die Feuerwehr und der Musikverein, im Erdgeschoss ein Veranstaltungssaal und oben drauf noch ein Museum mit internationalem Ruf. Auch so lässt sich mit Boden umgehen, war man sich einig.
Im Hotel Krone servierte der Hausherr Dietmar Nußbaumer neben einem wunderbaren Essen auch die Geschichte des Hauses. Er erklärte die Transformation des Charmes einer gemütlichen Gaststube die mit Hilfe des Architekten Bernado Bader in Szene gesetzt wird.

Next Stop und Bus:Stop Krumbach.

Krumbach, die wohl bekannteste Gemeinde des Bregenzer Waldes und ihr Weg zur Baukulturgemeinde ist wohl nicht zulegst dem Altbürgermeister Arnold Hirschbühel zu verdanken. Dieser ließ es sich dann auch nicht nehmen, über die Entwicklung und Wiederbelebung des Ortskerns zu referieren. Gemeinschaftshaus, Dorfladen, betreubares Wohnen, ÖPNV und das alles mit einer umfangreichen Bürgerbeteiligung. Eine kommunalpolitische Besonderheit: Einen Gemeinderat ohne Parteifraktionen und anstatt Ausschüsse Beiräte zu bilden ist ein Erfolgsrezept dieser Gemeinde. Die 7 Bushaltestellen allesamt von internationalen Büros in Kooperation mit heimischen Handwerksbetrieben gefertigt beeindruckten die Teilnehmer. Keine Aufgabe ist zu klein um sich um gute Gestaltung zu kümmern. (http://www.krumbach.at/Bus_Stop_Krumbach)  

Den Abschluss machte eine Führung durch das Sozialprojekt „Miteinander Füreinander“ in Andelsbuch (https://mitfuer.at). In dem von einem privaten Investor initiierte Projekt in direkter Nähe zum Ortskern gelegen, findet sich neben 3 Mehrparteienhäusern ein weiteres Gebäude, das ausschließlich soziale Funktionen übernimmt. Neben einer Tagespflege im Erdgeschoss, einer betreuten Seniorinnen WG in den Obergeschossen, bis hin zu Appartements für Pflegepersonal steht dieses Haus und das gesamte Areal ganz im Zeichen der Inklusion, wie die Leiterin Verena Marxgut erklärte. Gemeinschaftsgärten und ein eigenes Gemeinschaftshaus, welche von allen Eigentümerinnen mitfinanziert und auch mitgenutzt werden, bieten den Platz und ein Angebot, das es in den eigenen Wohnungen nicht gibt. Gemeinschaftsküche inkl. Pizzaofen, einen Spielraum für die Kleinen und eine gut ausgerüstete Werkstatt für Alle. Miteinander Füreinander eben!
Oder wie ein Teilnehmer so treffend sagte: „gemeinsam eine Lösung finden, nicht immer fragen obs geht, sondern wie es geht.“

2 Tage Baukultur in Präsenz, intensiv, abwechslungsreich und für einige TeilnehmerInnen nach 1 ½  Jahren Online Veranstaltungen im Rahmen der Baukulturregion Alpenvorland war diese nicht nur sichtbar, sondern endlich auch wieder greifbar.

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